Anna Bachmann im Gespräch mit Barbare Höpping.

Im August stand beim Filmclub Lünen der außergewöhnliche Film „Der verlorene Zug“ der niederländischen Regisseurin Saskia Diesing auf dem Programm, der mit 82 Zuschauern auf ein sehr großes Publikumsinteresse stieß. Es handelt sich um einen Kriegsfilm, der aber meilenweit entfernt vom gängigen Klischee dieses Genres ist. Keine ohrenbetäubenden Knallereien, kein in Strömen fließendes Filmblut, keine markigen männlichen Filmhelden. Hier stehen die menschlichen Beziehungen im Vordergrund, die Interaktionen von drei Frauen, die von Charakter und sozialer Prägung her äußerst unterschiedlich sind. Da ist die Niederländerin Simone, die als Jüdin die Hölle von Bergen-Belsen erlebt hat, das ist die junge Deutsche Winnie, die das nationalsozialistische Gedankengut verinnerlicht hat und für die eine Welt zusammenbricht und die russische Scharfschützin Vera, die grausame Rache an deutschen Soldaten für eine gequälte und hingerichtete Partisanin genommen hat. Es wird einfühlsam gezeigt, wie es trotz Sprachbarrieren und aller sonstigen Unterschiede nach anfänglichen Konflikten zu vorsichtigen Annäherungen bis zur zaghaften Freundschaft kommt.
Es ist ein Film voller Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit. Er zeigt die Stärken und Schwächen von Frauen und die in der Vergebung liegenden Chancen. Mit leisen Detailerzählungen von Not und Leid und kleinen Freuden. Mit ausdrucksstarken Szenen ohne große Dialoge. Wenn Winnie das Hitlerbild von der Wand nimmt, wenn sie die Hakenkreuztapete von den Wänden reißt, dann werden ohne Worte Distanzierung und innere Wandlung deutlich. Ein Hauch von absurder Komik liegt in der Szene, in der die drei Protagonistinnen den von Läusen befallenen Frauen die Haare abschneiden müssen und einen ganz normalen Friseurbesuch vortäuschen. Ergreifend ist das langsame Dahinsiechen und Sterben von Simones Ehemann Isaac, trotz deren aufopfernder Pflege.
Wie sehr der Film, der sich an wahre Begebenheiten um einen befreiten Deportationszug anlehnt, die Zuschauerinnen und Zuschauer emotional bewegte, zeigten die anschließenden Publikumsäußerungen. Von der aus Hamburg angereisten Darstellerin Anna Bachmann, die im Film die Winnie spielt, erfuhren die Anwesenden im Gespräch mit der Vorsitzenden des Filmclubs, Barbara Höpping, noch interessante Hintergrunddetails, z.B., dass der Film ursprünglich drei Männerschicksale zeigen sollte und mit welcher Sensibilität die Regisseurin die Darsteller geführt hat. Lob und Dank gab es für Vereinsmitglied Manfred Gessat, der diesen besonderen Film vorgeschlagen hatte.

Manfred Gessat (l) schlug den FIlm vor. Anna Bachmann (m) reiste aus Hamburg an, worüber sich der Club und Barbara Höpping freuten.

(Text und Bilder: Diethelm Textoris)